Abwechslungsreiche Vortragsreihe an der GLS zum „Bundesweiten Vorlesetag 2016“

Bewegende Texte trugen Schüler bei der Lesung „Wider das Vergessen“ vor. (Fotos: Krause)

Das Konzept des „Bundesweiten Vorlesetags“, einer Initiative der Wochenzeitschrift „DIE ZEIT“, der Stiftung Lesen und der Deutschen Bahn Stiftung, ist einfach und somit schnell beschrieben: Jeder, der Spaß am Vorlesen hat, liest an diesem Tag anderen vor. Auch das Ziel, das mit der Aktion verbunden ist, liegt auf der Hand: Kinder und Jugendliche sollen mit dem geschriebenen und erzählten Wort in Kontakt gebracht werden und somit deren Begeisterung für das Vorlesen und natürlich auch dem Lesen an sich geweckt werden.

Auch die Gesamtschule Leverkusen Schlebusch beteiligte sich mit einer Vorlese-Reihe an dieser bundesweiten Lese-Aktion und unter der Initiative der Schul-Bibliothekarin Heike Schmidt und den Lehrkräften Anke Animashaun und Jens Reid kam ein abwechslungsreiches Programm zusammen. Mehrere prominente Vorleser waren in der Schulbibliothek zu Gast und im Anschluss gab es noch eine Lesung von Schülern im „Kriechkeller“ der Schule. So verschieden die Vorleser und die vorgelesenen Texte waren, eines hatten sie gemeinsam: Sie nahmen ihre Zuhörer in den Bann und widerlegten damit das Vorurteil, dass heutige Kinder und Jugendliche für das oft totgesagte Medium Buch nicht mehr zu begeistern wären.

Autorin Maren Gottschalk stellte das Leben und Werk Andy Warhols vor.

Den Anfang machte Anne Richrath, die Frau des Leverkusener Oberbürgermeisters, die Schülerinnen und Schülern des fünften und sechsten Jahrgangs gleich aus zwei Werken vorlas, dem Abenteuerroman „Im Zeichen der Zauberkugel“ von Stefan Gemmel und der Grusel-Erzählung „Warren der 13. und das magische Auge“ der Autorin Tania Del Rio. Eine gelungene Auswahl, denn während sie vorlas, herrschte konzentrierte Stille in der Bibliothek.

Im Anschluss stellte sich Frau Richrath auch noch den Fragen der Schüler, die zum Beispiel neugierig fragten, ob sie ihren Mann überhaupt noch sehe, seitdem dieser Oberbürgermeister sei: „Zu Hause weniger, aber wir ‚müssen‘ ja oft gemeinsam abends Veranstaltungen besuchen, das machen wir sehr gerne zusammen, denn dann sehen wir uns auch unter der Woche.“

Mit viel Humor brachte Polizei-Oberrat Husfeld seine Zuhörer zum Lachen.

Danach las der Polizei-Oberrat Hans-Dieter Husfeld, Leiter der Polizeidienststelle Wiesdorf, vor Schülern des 7. und 8. Jahrgangs aus dem Buch „Ich bin nicht süß, ich habe bloß Zucker. Eine Online-Omi sagt, wie’s ist“ von Renate Bergmann. Wie der Titel erahnen lässt, gab es für die Zuhörer viel zu lachen. Der Vorleser, der zugleich der Einsatzleiter bei Bayer-04-Heimspielen ist, lud dann noch zwei seiner jungen Zuhörer ein, am Abend in der BayArena in sein Büro zu kommen und zuzuschauen, wie die Polizei bei einem Spiel arbeitet.

Die Leverkusener Autorin Maren Gottschalk stellte schließlich noch ihre Biografie des Künstlers Andy Warhol „Factory Man“ vor, indem sie weniger daraus vorlas, als dass sie anhand vieler seiner Bilder seine Lebensgeschichte so spannend wie aufschlussreich erzählte. Die Schülerinnen und Schüler des 9. und 10. Jahrgangs folgten ihren Ausführungen aufmerksam, weil sie es schaffte, sein Leben und seine Kunst im Zusammenhang darstellte.

Begeisterte mit spannenden Texten: Anne Richrath, die Frau des Oberbürgermeisters.

Der Abschluss des Vorlesetags an der GLS fand nicht in der Bibliothek, sondern an einem etwas außergewöhnlichen Ort statt, dessen Existenz den meisten wohl vorher nicht bewusst war, dem sogenannten „Kriechkeller“. Der befindet sich, wie der Name bereits vermuten lässt, im Untergeschoss und dürfte vorher nur von Handwerkern und Hausmeistern aufgesucht worden sein. Der lange, enge Keller mit hohen Betonwänden ist alles anderer als ein besonders behaglicher Ort, aber genau das war die passende Kulisse für die Lesung „Wider das Vergessen“. Schüler und Schülerinnen hatten unter der Leitung des Deutsch-Lehrers Jens Reid ein Programm mit Texten erstellt, die sich mit der Zeit des Nationalsozialismus und mit Rassismus auseinandersetzten. Der schmucklose Raum trug dazu bei, dass allein die Texte im Mittelpunkt standen und die sprachen für sich: Auszüge aus Anne Franks Tagebuch und Brechts Drama „Furcht und Elend des Dritten Reiches“ beschreiben treffend das eigentlich nahezu Unbeschreibliche, den Schrecken der nationalsozialistischen Vergangenheit. Betretenes Schweigen machte sich auch breit, als die grausamen Details der Auschwitz-Prozesse aus Peter Weiss‘ „Die Ermittlung“ vorgetragen wurden.

Eindrucksvoll wurde auch die „Todesfuge“, Paul Celans berühmtes Gedicht über den Holocaust, von Ben Becker vorgetragen. Auch aktuellere Texte wie der antirassistische Song „Schrei nach Liebe“ von der Band „Die Ärzte“ und Navid Kermanis Zeitporträt „Einbruch der Wirklichkeit“ waren vertreten. Besonders absurd bzw. erschreckend wirkte die Gegenüberstellung der drastischen Sicherheitshinweise des Auswärtigen Amtes über Afghanistan und des ministerialen Beschlusses, dass Asylbewerber aus Afghanistan eben genau dorthin abgeschoben werden dürfen, weil die Sicherheitslage das angeblich zulasse. Für die Vorleser Jan Lehnhoff, Ben Becker, Louis Moser, Gerrit Bethke, Anna Lena Elksnat und Lea Sabrautsky gab es kräftigen Beifall für ihre atmosphärisch dichte und originelle Vortragsweise, die vielen der Zuhörer unter die Haut ging.