„Es ist schon ein kleines Wunder, dass wir es so gut nach Hause geschafft haben“. Lehrer Oliver Bax von der Gesamtschule Leverkusen-Schlebusch ist glücklich, dass er zusammen mit seiner 15-köpfigen Schülergruppe keine weitere Nacht am Flughafen in Tel Aviv verbringen musste. „Unser Rückflug war mehrere Stunden verschoben worden und statt direkt nach Köln, über Berlin-Tegel umgeleitet worden“, erklärt der Organisator des Israelaustauschs. „Wir hatten wirklich Glück; um uns herum wurden alle Flüge nach Europa gecancelt.“

 

Im Flugzeug saßen sie zusammen mit einer Schulklasse, die aufgrund des Vulkanausbruchs in Island, drei Tage auf ihren Flug warten musste. „Wir waren sehr glücklich, dass wir überhaupt weitergekommen sind“, erklärt seine Kollegin Renate Zerr vom Lise Meitner Gymnasium. Schon zum zweiten Mal findet der Austausch zwischen der Gesamtschule Leverkusen-Schlebusch, dem Lise Meitner Gymnasium und der israelischen Albukahari-Schule in Galiläa statt. Anfang Juli wollen die Israelis nach Leverkusen kommen. Das Besondere an unserem Projekt ist, dass es sich um einen Austausch mit arabisch-muslimischen Israelis handelt“, erklärt Lehrer Oliver Bax. Solche Austauschprogramme sind sehr selten, weshalb das Konzept aus Leverkusen auch den Israel-Landeswettbewerb der NRW-Landesregierung gewonnen hat. Das Land konnte dadurch mehrere Tausend Euro zusätzlich zur Verfügung stellen.

 

„Ein weiterer Stress waren für uns alle die unangenehmen Kontrollen vor dem Rückflug. Unsere Gruppe wurde getrennt und wir unabhängig voneinander befragt, was wir mit den Arabern unternommen haben und ob wir Geschenke bekommen haben“, berichtet Zerr. Diese Geschenke und alle Souvenirs wurden akribisch untersucht. „Sogar Marmeladen- und Honiggläser sowie Weinflaschen mussten wir öffnen. Nach den Kontrollen bekommen die Reisenden eine Nummer zwischen eins und sechs auf das Gepäck geklebt. Wir vermuten, dass, je höher die Nummer ist, desto schärfer die Kontrollen sind“, so Bax. Eine deutsche Gruppe, die im Westjordanland ein Kino gebaut hat, bekam eine Sechs, den Leverkusenern wurde immerhin eine Drei auf das Gepäck geklebt. „Was es mit den Nummer auf sich hat, wollte man uns aber nicht verraten“, ergänzt Lehrerin Renate Zerr. „Obwohl wir uns drei Stunden vorher angestellt haben, hätten wir aufgrund der Kontrollen fast unseren Rückflug verpasst“, ärgert sich Oliver Bax. Dennoch sind alle der Meinung, dass sich die Strapazen gelohnt haben. „Ich bin so mit Essen vollgestopft worden, dass ich mindestens drei Kilo zugenommen habe“, berichtet Schülerin Maren Oehlers. „Uns wurde jeder Wunsch von den Lippen abgelesen.“ Im israelischen Arraba ist man sehr Stolz auf den Austausch.

 

„Deutschland hat gerade in der arabischen Welt ein sehr hohes Ansehen, deshalb freuen wir uns sehr über den Besuch der Deutschen“, erklärt die israelische Lehrerin Angelika Madi. Die Deutsche hatte vor Jahren einen israelischen Araber geheiratet. Und ist nun die Kontaktperson vor Ort. Dabei hilft ihr vor allem, dass sie Deutsch und Arabisch sprechen kann. „Meistens gibt es Austauschprogramme mit jüdischen Israelis; dass sich die Deutschen auch für die muslimischen Israelis interessieren, wird hier sehr wohlwollend registriert“, so Madi. Und so berichteten beide Zeitungen vor Ort ausführlich über den Austausch.

 

Für die 19-jährige Oberstufenschülerin Jaqueline ist der Austausch ebenfalls etwas ganz Besonderes. Sie hatte sich im Jordan taufen lassen. „Ich habe mir das lange und gut überlegt und wollte das an einem ganz besonderen Ort tun“, verrät die Schülerin. Der Austausch stand unter dem Motto „Brücken bauen“. Dafür hatte Schüler Gordian Schüssler extra eine Brücke gebaut und diese mit den Symbolen aus den drei Religionen beklebt. „Die Brücke sollte uns als Symbol begleiten und auf den gemeinsamen Fotos ein Zeichen setzen“, erklärt der Lise-Meitner-Schüler.

Das Friedenssymbol kam aber nicht bei allen gut an. So beschwerte sich ein arabischer Vater über den Davidstern auf der Brücke. Und ein orthodoxer Jude wunderte sich, warum sich die Deutschen denn mit Arabern „abgeben“ würden. „In beiden Fällen gab es aber für uns keine Diskussion“, ergänzt Lehrer Oliver Bax. „In einem Austausch sind wir neutral. Frieden kann es nur geben, wenn beide Seiten aufeinander zugehen.“ Dass das schwer ist, haben auch die Schüler gemerkt, besonders als es darum ging, eine Nacht im Westjordanland zu verbringen. Hier erlebte die Gruppe die Auswirkungen des Nahostkonfliktes hautnah. „Die Grenze mit der Mauer, die wir passieren mussten, ähnelte sehr stark der deutsch-deutschen Grenze, die wir aus dem Geschichtsunterricht kennen. Für mich war es ein beklemmendes Gefühl, an den schwerbewaffneten Grenzposten, der hohen dicken Mauer und dem Stacheldraht vorbeizugehen“, berichtet Schüler Maximilian Schultz-Herberg.

Als Zeichen der Hoffnung haben die Schüler an zwei israelischen Schulen Bäume gepflanzt und endlose Diskussionen mit ihren Austauschpartnern geführt. „Ich glaube, dass es noch ein lange Weg sein wird, bis beide Seiten wirklich aufeinander zugehen“, glaubt die Gesamtschülerin Aysun Ercosmann. Aysun, die türkische Wurzeln hat, möchte die Erfahrung, die dieser Austausch gebracht hat, nicht missen. „Wir haben alle viele neue Freunde gewonnen. Und denen zeigen wir in drei Monaten, wie schön unsere Stadt ist und wie friedlich Christen, Muslims und Juden hier bei uns zusammenleben“.